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Leben
in Rieden früher
Vor
einigen Jahren interviewte die „Lupe“ Frau Frieda Spies über ihre Schulzeit
in Rieden während des 2. Weltkrieges. Der preisgekrönte Artikel ist auch noch
auf dieser Schulhomepage nachzulesen. Dieses
Jahr interessierte die Lupe vor allem, wie das Leben eines Kindes neben der
Schule ausschaute... Vor 60 Jahren hatten wir wie viele andere Menschen in Rieden eine kleine Landwirtschaft. Wir hatten ein paar Kühe, Hühner, Gänse, Schweine und Kälber. Ab und zu hatten wir auch noch Ziegen. Man konnte davon fast leben. Es gab auch schon einige größere Bauernhöfe. Wir Kinder standen etwa gegen 6.30 Uhr auf. Unsere Eltern waren zu der Zeit allerdings schon lange im Kuhstall um zu melken. Zunächst wurde gefrühstückt. Es gab Milch und Malzkaffee mit selbstgebackenem Brot mit Butter. Vor der Schule gingen wir jeden Tag zunächst noch in die Kirche. Schulbeginn war um 8.00 Uhr, auch am Samstag! Nach der Schule mussten wir zur Sommerzeit nach dem Mittagessen mit hinaus auf das Feld oder mit Gänsen und Kühen auf die Weide. Dort wurden auch die Hausaufgaben gemacht. Vorher mussten wir aber die Schulkleidung ausziehen, da diese die ganze Woche über getragen werden musste. Für die
Mädchen gab es noch keine Hosen. Wir hatten Kleider bis weit unter das Knie an.
Heute gibt es ja fast wieder die gleiche Mode. Über die Kleider trugen wir
meist gestrickte Schürzen. Die Kleinen mussten von den älteren Geschwistern
alles auftragen. Mein Lieblingskleid war rotkariert. Nein, eher selten. Man fuhr damals mit dem Zug oder auch mit dem Fahrrad, da es zu der Zeit weder Bus noch Auto gab. Damals konnte man fast alles in Rieden einkaufen. Es gab 5 Lebensmittelgeschäfte, 3 Bäckereien, 1 Schuhgeschäft, 1 Bader (Frisör), 2 Flickschuster, 2 Schreibereien, 2 Wagner, 3 Schmiede, mehrere Schneider und Schneiderinnen, 1 Mühle, 2 Polstereien, 2 Baugeschäfte, 1 Sägewerk und 7 Wirtshäuser. Mein erstes und einziges Fahrrad bekam ich mit 14 Jahren, als der Krieg zu Ende war. Es war rot. Wir hatten nicht viel: Ein paar Schusser, ein Springseil, Bälle, Bauklötze und Holzspielsachen, die unser Vater selbst gebastelt hatte. Den Puppenwagen, die Puppenküche und die Puppe mussten ich mit meinen Geschwistern teilen. Stoffpuppen und Puppenkleider haben wir uns aus Stoffresten selbst genäht. Nein, wir konnten im Hof, im Garten und selbst auf der Straße spielen, da es nahezu keinen Verkehr gab. Es gab überhaupt in ganz Rieden nur 3 oder 4 Autos! Kinder aus anderen Orten kannte man damals kaum. Wir spielten vor allem im Freien. Dort machten wir Ball-, Fang-, Versteck- und Ratespiele. Auch Mühle und Dame konnte damals jedes Kind. Weiterhin malte, sang und las man viel. Ich las am liebsten Märchenbücher. Sehr oft Suppe und Mehlspeisen aller Art. Im Sommer aß man viel Gemüse und Salat aus dem Garten. Abends gab es Aufgewärmtes vom Mittag oder Butterbrote. Fernsehen gab es damals noch nicht. Wir saßen alle zusammen in der Küche und haben uns unterhalten und vom Tag erzählt. Dazu machten wir Handarbeiten. Der Vater las dabei aus der Zeitung vor. Gegen 8.00 Uhr gingen meist alle ins Bett. Auch die Eltern, da diese schon um 5.00 Uhr aufstehen mussten. Wir Kinder durften bis um 9.00 Uhr schlafen. Um 10.00 Uhr war Gottesdienst und um 11.00 Uhr gab es schon Mittagessen. Nachmittags haben wir gespielt. Ab und zu durften wir auch ins Kino gehen, das damals fast jede Woche nach Rieden kam. Zu meiner Zeit wussten wir noch gar nicht, dass es Urlaub gab. Der Geburtstag wurde überhaupt nicht gefeiert! Diesen Brauch brachten erst nach dem Krieg die Flüchtlinge aus Schlesien nach Rieden. Dafür feierte man aber damals den Namenstag. An diesem Tag gab es immer einen selbstgebackenen Kuchen. Darauf haben wir uns damals immer besonders gefreut! Da gab es das beste Essen des Jahres und jeder bekam auch einen „bunten Teller“ mit Süßigkeiten. Auch ein kleines Geschenk bekam jeder. Wir konnten es immer kaum erwarten. Wir stöberten schon Wochen vorher das ganze Haus durch. War ein Schrank verschlossen, wussten wir: Da sind die Geschenke drinnen! Natürlich meine Eltern, ich mit meinen 3 Geschwistern und eine Tante. Geld brauchte man nicht so viel wie heute. Das Leben war nicht so teuer. Während der Kriegsjahre hätte man aber auch selbst wenn man Geld gehabt hätte nichts dafür kaufen können, da es nichts gab. An diese Zeit kann ich mich noch recht gut erinnern. Es gab für jede Familie Lebensmittelkarten. Abends mussten alle Fenster und Türen abgedunkelt werden, damit die feindlichen Flugzeuge kein Licht sahen. Angst hatten wir vor allem um unseren Vater, der auch im Krieg war. Wir freuten uns wahnsinnig, als er nach dem Krieg wieder gesund nach Hause kam. Nein, nein, heute möchte ich kein Kind sein, weil die Welt so unruhig und gefährlich ist. Ich hatte eine schöne Kindheit. Meine Mutter war immer da, wir waren nie alleine. Früher mussten die Mütter nicht zur Arbeit gehen. Wir haben von unseren Eltern auch sehr viel gelernt, da sie auch viel Zeit für uns hatten.
Frau
Spies, wiederum vielen Dank für dieses interessante Gespräch!
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