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Mit dem folgenden Interview gewann die
LUPE beim Schreibwettbewerb des Landkreises und Kreisjugendringes Amberg-Sulzbach einen
Sonderpreis:
Schule (in Rieden) früher EinleitungJeder von uns kennt die Riedener Schule - klar! Jeder weiß, wie es hier zugeht. Klassenzimmer, Physiksaal, Turnhalle, Pause, Proben, Filmraum.... Alles ist selbstverständlich. Aber war das schon immer so? Sicher nein! Wie war es also früher? Die Lupe wollte es wissen und machte sich auf die Suche nach jemanden, der vor langer Zeit in die Riedener Schule ging. Frau Frieda Spies ging vor etwa 60 Jahren, also auch während des 2. Weltkrieges in Rieden zur Schule. Wir baten sie zu dem folgenden hochinteressanten Interview: Allgemeine Fragen Frau Spies, wir würden gerne mit Ihnen über Ihre Schulzeit
sprechen. Zunächst ein paar allgemeine Fragen: Ich ging vom April 1937 bis kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges April 1945 in Rieden zur Schule. Befand sich das Schulhaus schon damals an der Thanheimer Straße? Nein, das jetzige Pfarrheim, in dem bis vor einigen Jahren die Gemeinde untergebracht war, war das Schulhaus. Wie sah diese Schule damals aus? Die Schule bestand aus zwei große Räumen. Im Erdgeschoß war die 1. bis 4. Klasse untergebracht und im 1. Stock waren die Fünft- bis Achtkläßler. Ein Jahrgang hatte etwa 15 bis 20 Schüler. Insgesamt dürften so etwa 140 Kinder in den beiden Zimmern unterbracht gewesen sein. Hatte die Schule auch eine Turnhalle? Nein, wir hatten keine Turnhalle. Wir turnten auf dem Schulhof oder auf einer Wiese. Im Winter gingen wir Schlitten fahren oder machten eine Schneeballschlacht. Welche Fächer wurden damals unterrichtet? Wir hatten Rechnen, Deutsch, Singen, Zeichnen, Sprachlehre, Geschichte, Erdkunde, Turnen, Handarbeit und Religion. Welches davon war Ihr Lieblingsfach? Mein Lieblingsfach war Handarbeit. Dies wurde auch mein Beruf (Schneiderin) und ist auch heute noch mein Hobby. Schon als Kind nähte ich wahnsinnig gerne für meine Puppen Kleider. Schulalltag damals
Von wann bis wann war jeden Tag Schule? Das war unterschiedlich. Im Winter hatten wir von Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 und von 13.00 bis 17.00 Uhr Unterricht. Von 12.00 Uhr bis 13.00 war Mittagspause. Die auswärtigen Kinder wurden von den einheimischen mit zum Essen nach Hause genommen. Auch am Samstag war Schule, und zwar von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Gab es dann auch noch Hausaufgaben? Leider ja! Hatten Sie auch Ferien? Die Ferien waren in etwa wie heute. Es gab Osterferien, Sommerferien, Weihnachtsferien und Herbstferien. Diese hießen aber damals Kartoffelferien, weil sie zu der Zeit der Kartoffelernte waren und die Kinder hierbei helfen mussten. Ob es Pfingstferien gab weiß ich leider nicht mehr. Machten Sie auch Ausflüge? Ja, aber es waren nur Wanderungen, zum Beispiel zur Burgruine Roßstein. Dabei sammelten wir Maikäfer, die damals große Schädlinge waren. Auch Heilkräuter wurden gesammelt. Diese wurden auf dem Schulboden getrocknet und dann weggeschickt. Während des Krieges sammelten wir auch Decken und Socken für die Soldaten im Krieg. Diese wurden dann nach Rußland geschickt, weil dort ein sehr strenger Winter war. Diese Sammlungen organisierte alle unsere Lehrerin Fräulein Lindner. Sie wollte überall helfen. Gab es damals schon Noten? Es gab auch Noten. Nur im Turnen gab es Punkte. Als ich mein erstes Zeugnis bekommen habe, dachte ich, ich hätte in Turnen eine Sechs und weinte fürchterlich, bis man mir erklärte, dass dies Punkte seien. Wenn es Noten gab, gab es sicherlich auch Proben... Ja, natürlich in allen Fächern. Gab es auch Zeugnisse? Wir hatten Zeugnishefte. Die Noten wurden halbjährlich darin eingetragen und wir mussten sie daheim unterschreiben lassen. Für Religion gab es ein Extrablatt. Als gegen Kriegsende die Schule etwa ein halbes Jahr geschlossen wurde und Kriegsgefangene untergebracht waren, verbrannten diese wegen der damals herrschenden klirrenden Kälte alles Papier, das sie fanden. Darunter auch die Zeugnishefte... Ich besitze nur noch ein einziges Zeugnis, und zwar mein Entlassungszeugnis aus der Berufsschule. Dieses wurde wegen des damaligen Papiermangels auf die Rückseite einer Landkarte gedruckt! Schüler damalsJetzt wollen wir uns etwas über die Schüler von damals unterhalten. Aus Rieden, Kreuth, Siegenhofen, Reindlhof und Schön. Wie kamen die Kinder in die Schule? Es gab damals keinen Schulbus, so dass alle Kinder zu Fuß gehen mussten. Es gab damals überhaupt in ganz Rieden nur drei Autos. Wie war es im Winter? Es waren damals strenge Winter. Jedes Kind musste einige Scheite Holz mitbringen, damit der Ofen geheizt werden konnte. Auch von Bauern wurde Holz gespendet. Wir mussten alle durch den tiefen Schnee steigen. Die Straßen wurden nie geräumt. Am Schlimmsten hatten es die Kinder vom Reindlhof. Da die Kinder wegen der Schneewehen oft den Weg nicht fanden, mussten sie entweder zu Hause bleiben, oder der Vater fuhr mit dem Schneepflug, an den er einen Ochsen gespannt hatte, voraus. Da es zu der Zeit kein richtiges Schuhwerk gab, kamen wir alle mit nassen Füßen in die Schule. Die Schuhe und Strümpfe wurden dann über dem großen Eisenofen zum Trocknen aufgehängt. Fräulein Lindner hatte immer Stümpfe und Socken bereit, die wir anziehen konnten, bis unsere eigenen Sachen wieder trocken waren. Sie war wie eine Mutter zu uns. Gab es damals schon höhere Schulen? Einige Kinder fuhren damals mit dem Zug nach Amberg in eine höhere Schule. Es waren aber fast nur Jungen. Haben Sie heute noch Freunde / innen aus Ihrer Schulzeit? Ich sehe noch oft in Rieden und Vilshofen Klassenkameraden. Es wäre schön, wenn wir mal ein Klassentreffen hätten. Lehrer damals Jetzt wollen wir natürlich auch wissen, wie die Lehrer damals waren. Ich hatte nur wenige Lehrer während meiner Schulzeit: Betty Lindner, Heinrich Höser, Waltraud Schickhofer und Pfarrer Sturm. Waren Sie sehr streng? Sie waren eigentlich nicht sehr streng. Welche Art von Strafen gab es? Es gab "Finger klopfen", "Ohren ziehen", "In die Ecke stellen", "Nachsitzen", "Schreiben". Wenn wir nicht gerade saßen, wurden wir auf den Rücken geklopft. Lehrer Höser hat manchmal schon Buben übers Knie gelegt und mit einem Stock verhauen. Das war aber eher selten. Der Stock wurde einige Male von Buben mit dem Messer angeschnitten ("kringelt"), so dass er dann beim Schlagen zerbrach. Niemand von uns Kindern hat jemals die Täter verraten. Welche war die schlimmste Strafe, die Sie bekommen haben? Ich musste zwanzig Mal den Satz: "Ich muss in der Schule ruhig sitzen.", schreiben. Das habe ich dann zu Hause heimlich gemacht, weil ich mich vor meinen Eltern geschämt habe. Viele Lehrer hatten, wie wir im Sachkundeunterricht gelernt haben, in der Gemeinde noch andere Aufgaben. Welche hatten die Lehrer zu Ihrer Zeit? Unsere Lehrer waren in der Schule voll ausgelastet. Sie mussten den Ofen heizen, Holz und Kohle vom Dachboden holen und das Schulhaus sauber machen. Es gab weder einen Hausmeister, noch eine Putzfrau. Fräulein Lindner hat auch die Kirche gereinigt und geschmückt. Die Altardecken, die sie gehäkelt und gestickt hat, sind noch heute in der Riedener Kirche und erinnern mich immer wieder an meine damalige Lehrerin. Erzählen Sie ein bißchen über Fräulein Lindner, von der wir wissen, dass sie sogar Ehrenbürgerin von Rieden ist. Was war das Besondere an ihr?
Sie wohnte bei der Kirche im "Bauer-Haus" - jetzt Fernseh Müller. Sie war eine wirklich nette Lehrerin. Alle Kinder hatten sie sehr lieb. Wir durften DU zu ihr sagen und mussten nicht hochdeutsch sprechen. Jeder konnte mit seinen Sorgen zu ihr kommen. Sie versuchte immer zu helfen und wusste stets Rat. Fräulein Lindner war auch unsere Handarbeitslehrerin. Als es während des Krieges nichts mehr gab, brachte sie ihre eigenen Sachen mit in die Schule. Die Wollsachen wurden aufgetrennt und wieder verwendet. Wir strickten und stopften Socken. In die Stoffreste zeichnete sie Motive zum Sticken ein. Sie wusste sich immer zu helfen. Zudem organisierte sie viele Sammlungen für die Soldaten im Krieg oder für gemeinnützige Zwecke. Unterricht während des 2. Weltkrieges Wie sah der Unterricht während des Krieges aus? Welche Auswirkungen hatte der Krieg auf die Schule? In den letzten Kriegsjahren hatten wir nur halbtags Schule. Höser
musste nachmittags in Vilshofen Schule halten, weil deren Lehrer als Soldat eingezogen
worden war. Zuletzt musste auch er noch in den Krieg, von dem er nicht wieder zurückkam.
Seine Frau war mit ihren fünf Töchtern alleine und musste, weil sie die Frau des Lehrers
war, die Handarbeitslehrerin ersetzen. Können Sie sich an Begebenheiten aus der Nazi-Zeit erinnern? In dieser Zeit mussten wir alle zur Hitlerjugend. Wir mussten alle
blaue Röcke und weiße Blusen tragen. Hitlerlieder wurden gesungen. Auch das Marschieren
lernten wir. Auf der Straße musste immer mit "Heil Hitler" gegrüßt werden.
Fräulein Linder sagte uns, nach "Heil Hitler" sollen wir noch schnell
"Grüß Gott, Fräulein" sagen. Dann betete sie mit uns. Rückblick Zum Schluss bitten wir Sie, folgende zwei Sätze zu beenden: An meiner Schulzeit gefiel mir besonders.... dass wir eine Landwirtschaft hatten und in der 8. Klasse von Mai bis September beurlaubt wurden. Wir mussten nämlich zu Hause mitarbeiten, weil unsere Väter im Krieg waren.An meiner Schulzeit gefiel mir überhaupt nicht... wenn der Schulrat kam. Dieser war sehr streng. Er schrie fürchterlich herum, wenn jemand etwas nicht konnte. Wir mussten alle Daten über Hitler wissen. Das war wirklich das Schlimmste. Frau Spies, wir danken herzlich Ihnen für dieses Interview. Frau Spies sitzt in der 3. Reihe ganz links (Mädchen mit dem weißen Schurz)! Kerstin und Christine |